Gefahr im Wahlkampf? Wie Deepfakes demokratische Wahlen beeinflussen können
Die neue Dimension der Wahlkämpfe: Deepfakes und ihre Folgen
Pornografische Szenen, die nie stattgefunden haben, erfolgreiche Influencer/-innen, die es in der realen Welt gar nicht gibt, Aussagen von Politikerinnen und Politikern, die nie getätigt wurden: KI macht solche Täuschungen möglich. Die Rede ist von sogenannten „Deepfakes“. Mit dem Trend ist auch die Anzahl politisch motivierter Deepfakes stark angestiegen – insbesondere jener, die direkt auf die Beeinflussung von Wahlen abzielen. So gab es im Jahr 2023 und Anfang 2024 weltweit zahlreiche Versuche, mithilfe von Deepfakes den Verlauf von Wahlkämpfen zu beeinflussen (Quelle: Konrad-Adenauer-Stiftung e.V) und auch in Deutschland nehmen die Fälle politischer Deepfakes zu. Der prominenteste Fall ist ein von Aktivistinnen und Aktivisten erstelltes Deepfake-Video, welches Bundeskanzler Scholz zeigt, wie er ein AfD-Verbot fordert. In diesem Artikel klären wir, welche Rolle Deepfakes bei Wahlkämpfen spielen, wie sie Wahlen beeinflussen könnten und wie Sie Deepfakes als solche erkennen können.
Was sind Deepfakes?
Deepfakes sind Medieninhalte wie Fotos, Videos oder Audios, die mithilfe von künstlichen neuronalen Netzen so verändert oder komplett neu generiert wurden, dass sie nicht ohne Weiteres als Fälschung erkennbar sind. Um Deepfakes zu erstellen, braucht das zu trainierende Computermodell Daten der Zielperson (beispielsweise Bilder), um deren Gesichtszüge, Mimik und Bewegungen zu erlernen. Anschließend kann dieses Programm die Person mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) nachbauen und sie Sätze sagen und Dinge tun lassen, die in Wahrheit nie ausgesprochen wurden oder passiert sind. Andersherum können Gesichter in bestehenden Videos auch durch das Gesicht einer Zielperson ersetzt werden.
Die Rolle von Deepfakes bei Wahlen
Derzeit zeigt sich ein deutlicher Trend, Deepfakes vor allem zur Diskreditierung politischer Gegner/-innen sowie für politische Werbung einzusetzen. Bei den Präsidentschaftswahlen in der Slowakei wurde ein Audio-Deepfake verbreitet, in dem ein Kandidat angeblich über Wahlbetrug spricht. Bei den Vorwahlen der US-Präsidentschaftswahl 2024 wurden gefälschte Stimmen verwendet, die Joe Biden imitierten und versuchten, Wähler/-innen zu beeinflussen. Kurz vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Türkei hat Präsident Erdoğan ein manipuliertes Video gezeigt, das seinen Hauptkonkurrenten Kemal Kılıçdaroğlu fälschlicherweise mit der terroristischen PKK in Verbindung bringt. Recherchen des DW-Faktencheck-Teams belegen die Manipulation.
Diese Vorfälle verdeutlichen, dass es bei der Bedrohung demokratischer Wahlen durch Deepfakes nicht mehr um das „ob“, sondern um das „wann“, „wie“ und „in welchem Ausmaß“ geht (Quelle: Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.).
1. Verbreitung von Desinformation
Durch die Entwicklung von KI-Tools können Deepfakes mittlerweile so realistisch wirken, dass es schwerfällt, sie als Fälschung zu erkennen. Auf diese Weise können Personen des öffentlichen Lebens augenscheinlich Dinge äußern oder tun, die sie in Wirklichkeit nie gesagt oder getan haben. Diese Desinformationen verbreiten sich durch täuschend echte Deepfakes oft schnell und erzielen große Reichweiten, insbesondere über soziale Medien. Dies liegt unter anderem daran, dass das gefälschte Bild- und Videomaterial von Deepfakes in vielen Fällen nicht mehr so einfach von „echtem“ zu unterscheiden ist. Dadurch wirkt die verbreitete Desinformation deutlich glaubwürdiger. So entstehen falsche Narrative, was dazu führen kann, dass sich Wähler/-innen auf der Grundlage von gefälschten Informationen ihre Meinung bilden. Dies kann insbesondere in umkämpften Wahlkreisen oder bei knappen Wahlergebnissen entscheidend sein.
2. Diskreditierung von Kandidatinnen und Kandidaten
Fake News und Deepfakes können dazu verwendet werden, Kandidierende gezielt zu diskreditieren, indem sie sie in einem negativen Licht darstellen oder ihnen schädliche Aussagen und Handlungen unterstellen. Dies kann das Ansehen und die Glaubwürdigkeit von Kandidierenden erheblich beeinträchtigen und ihre Chancen auf einen Wahlsieg mindern. Die öffentliche Diskreditierung, die durch die Verbreitung von gefälschten Bildern oder Videos ausgehen kann, könnte Menschen ebenfalls davon abbringen, überhaupt für ein politisches Amt zu kandidieren.
3. Verstärkung von Polarisierung und Spaltung
Indem sie emotionale und kontroverse Inhalte verbreiten, können Deepfakes Vorurteile verstärken und dadurch die Polarisierung und Spaltung innerhalb der Gesellschaft vergrößern. Sie fördern Extrempositionen und erschweren einen konstruktiven politischen Diskurs, was die demokratische Entscheidungsfindung und den gesellschaftlichen Zusammenhalt beeinträchtigen kann.
4. Einfluss auf Wahlergebnisse
Deepfakes und KI-generierte Inhalte können laut einem Bericht des Weltwirtschaftsforums Einfluss auf das Wahlergebnis haben (Quelle: ZDF). Alle bevorstehenden Wahlen können potenziell von Deepfakes bedroht sein. Die tatsächlichen Folgen von Deepfakes bei Wahlen sind allerdings schwer zu bewerten und zu messen. Alle bevorstehenden Wahlen können potenziell von Deepfakes bedroht sein. Die tatsächlichen Folgen von Deepfakes bei Wahlen sind allerdings schwer zu bewerten und zu messen.
Was jedoch sicher ist: Deepfakes beeinflussen das Vertrauen in Informationen und Medien. In einer Umfrage des Bitkom e.V. gaben 60 Prozent der Befragten an, dass sie Deepfakes als Gefahr für die Demokratie sehen. 70 Prozent der Befragten sind der Meinung, man könne Fotos und Videos heutzutage nicht mehr trauen. Die Auswirkungen von Deepfakes sind hauptsächlich psychologischer und sozialer Natur, aber sie können auch direkt den Wahlprozess beeinflussen (Quelle: Konrad-Adenauer-Stiftung).
Welche Maßnahmen gegen Deepfakes gibt es?
Rechtliche Regulierung
Die Bundesregierung und die EU haben bereits auf die Gefahr durch Desinformation reagiert. Das Gesetz über digitale Dienste und der Digital Services Act der EU zielen darauf ab, die Verbreitung von Deepfakes in sozialen Medien zu bekämpfen und illegale Inhalte schneller zu entfernen. Auch die EU-KI-Verordnung schafft eine Grundlage für die Regulierung von Künstlicher Intelligenz.
Was Sie selbst tun können: Deepfakes erkennen
Verschiedene Merkmale deuten auf Deepfakes in Form von Videos hin:
Mimik und Bewegungen: Auffallend unnatürliche Gesichtsausdrücke, Augenbewegungen oder Lippenbewegungen, die nicht mit dem gesprochenen Ton übereinstimmen. Oft wirken diese Bewegungen etwas steif oder unecht.
Belichtung und Schatten: Unnatürliche Schatten oder Inkonsistenzen in der Beleuchtung können darauf hinweisen, dass das Video möglicherweise manipuliert wurde.
Hauttextur und Farben: Deepfake-Algorithmen haben oft Schwierigkeiten, realistische Hauttexturen zu generieren. Anzeichen können z.B. unnatürlich glatte Haut oder Farbverläufe im Gesicht sein.
Konturen und Übergänge: Unscharfe Ränder oder ungenaue Konturen, insbesondere um den Kopf, die Haare oder andere Bereiche.
Obwohl diese Anzeichen nützlich sein können, um Deepfakes zu identifizieren, ist es wichtig zu beachten, dass die Technologie sich weiterentwickelt und Deepfakes immer realistischer werden können. Es ist daher ratsam, mehrere Hinweise zu überprüfen sowie die Quelle des Videos zu recherchieren und im Zweifel den Rat von Expertinnen und Experten einzuholen.
Weiterführende Informationen zum Thema Deepfakes für Lehrkräfte und Eltern
Deepfakes erkennen: Tipps für Eltern und Lehrkräfte
Selbstlernkurs „Framing und Deepfakes“ für Lehrkräfte: