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Studie zu Hass im Netz: Wie verbreitet ist er und was können Lehrkräfte dagegen tun?

Ulrike Boscher
Jugendlicher auf dem Schulhof schaut besorgt auf sein Handy.

Hass im Netz kann alle treffen. | Dobrila Vignjevic/E-plus via GettyImages

Hass im Netz: Eine wachsende Gefahr für den demokratischen Diskurs

Eine Studie zeigt, dass Beleidigungen, Belästigungen und Bedrohungen im Netz zugenommen haben. Viele Betroffene ziehen sich deswegen zurück, verlassen Plattformen und beteiligen sich nicht mehr an öffentlichen Diskussionen.

Das Internet und die Social-Media-Plattformen zählen zu den wichtigsten Informations-, Diskussions- und Austauschplattformen der heutigen Zeit. Doch die Qualität des digitalen Miteinanders verschlechtert sich zunehmend: Jeden Tag werden Menschen im Netz beleidigt, belästigt und bedroht.

Die neue Studie „Lauter Hass – leiser Rückzug. Wie Hass im Netz den demokratischen Diskurs bedroht“ zeigt: Fast jede/-r Zweite wurde schon einmal online beleidigt. Nahezu 90 Prozent von 3000 Befragten sind der Ansicht, dass Hass im Netz spürbar zugenommen hat. Das hat Folgen für die Psyche von Menschen, aber auch für die Meinungsvielfalt und den demokratischen Diskurs im Netz.

Wir stellen im Folgenden wichtige Ergebnisse der Studie vor und geben im Anschluss Link-Empfehlungen für Lehrkräfte, die das Thema „Hass im Netz“ auch im Unterricht beleuchten möchten.

Zur Studie „Lauter Hass – leiser Rückzug“

Die Studie „Lauter Hass – leiser Rückzug“ untersucht die Wahrnehmung, Betroffenheit und Folgen von Hass im Netz. Hierzu wurden 3000 Internetnutzer/-innen ab 16 Jahren in Deutschland online befragt. Im Frühjahr 2024 veröffentlichte das „Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz“ die Ergebnisse mit zum Teil alarmierenden Zahlen.

Was versteht man unter „Hass im Netz“?

„Hass im Netz“ ist ein breit gefasster Begriff, der verschiedene Phänomene und Straftaten beschreibt. Um eine einheitliche Vorstellung zu bekommen, was damit gemeint ist, erhielten die Teilnehmer/-innen im Fragebogen eine Definition vorgelegt:

„Hass im Netz bezeichnet eine Vielzahl unterschiedlicher, u.a. abwertender, entwürdigender, auf Einschüchterung zielender oder verhetzender Online-Phänomene gegenüber Personen oder bestimmten Personengruppen. Die Ausprägungen können sehr vielfältig sein, z.B.: Beleidigungen und Drohungen, üble Nachrede und Verleumdungen, sexuelle Belästigung (z.B. durch Zusendung von Dickpics), Verbreitung von (Nackt-)Fotos ohne Zustimmung, Nachstellungen, Stalking oder Belästigungen.“ (Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz (Hrsg.): Lauter Hass – leiser Rückzug. 2024. S. 28.)

„Hass im Netz“ umfasst nicht nur verbale Äußerungen, sondern schließt auch Bilder, Memes und das Veröffentlichen von persönlichen Daten ein, um Personen im Netz bloßzustellen (Doxing). Häufig ist Hass im Netz eng verzahnt mit Desinformation, um mit falschen Informationen und Verleumdungen Ressentiments und Vorurteile zu schüren und so Personen zu schaden.

Wie verbreitet ist Hass im Netz? Marginalisierte und benachteiligte Gruppen sind häufig von Hass betroffen.

„Hass im Netz kann alle treffen. Aber nicht alle gleich“, lautet eines der Ergebnisse. Etwa die Hälfte der Befragten gab an, dass sie schon einmal Hass im Netz wahrgenommen haben, 15 Prozent fühlten sich persönlich betroffen. Nach Angaben der Befragten sind rassistische Beleidigungen und Angriffe aufgrund der sexuellen Orientierung oder des Geschlechts weit verbreitet. Menschen mit sichtbarem Migrationshintergrund (30 %) sowie Personen mit homosexueller (28 %) oder bisexueller Orientierung (36 %) sind besonders häufig betroffen.

Auch junge Frauen stehen sehr häufig im Fokus von Hass (30 %). Fast jede Zweite hat schon einmal ungefragt ein Nacktfoto erhalten. Einem Viertel (25 %) der Befragten wurde körperliche Gewalt angedroht, weitere 13 % mit sexualisierter Gewalt konfrontiert. Bei 11 % wurden nach Angaben der Befragten intime Fotos oder Videos ohne deren Zustimmung verbreitet, neun Prozent sahen sich als Opfer von Deepfakes. Dabei wurden intime Bilder oder Videos gefälscht und mit dem Gesicht der betroffenen Personen verbreitet (vgl. Studie, S. 7 und S. 41).

Neben der Betroffenheit wurde auch die Wahrnehmung von Hass im Netz untersucht. Demnach sehen die Internetnutzer/-innen am häufigsten aggressive und abwertende Aussagen gegen Politiker/-innen (60 %), Geflüchteten (58 %) und Aktivistinnen und Aktivisten (54 %), was auch die politische Dimension von Hass im Internet verdeutlicht (vgl. Studie, S. 33-34).

Hass im Netz: Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit

Hass im Netz kann einschüchtern, psychisch belasten und das Selbstbild stören. Eine schlechte Debattenkultur im Netz, geprägt von Aggression und Verletzungen, führt dazu, dass sich immer mehr Menschen aus dem öffentlichen Diskurs zurückziehen: Laut der Studie nutzen 46 Prozent der Betroffenen ihr Online-Profil nicht mehr, deaktivieren oder löschen es (vgl. ZDF vom 13.02.2024). Über die Hälfte der Befragten gibt an, dass sie aufgrund von Angst im Internet weniger häufig ihre politische Meinung äußern, weniger an Diskussionen teilnehmen und ihre Beiträge bewusst vorsichtiger formulieren (vgl. Studie, S. 55). Drei Viertel der Befragten haben sogar Angst, dass durch Hass im Netz auch die Gewalt im Alltag zunehmen könnte (vgl. Studie, S. 8).

Wenn einerseits wichtige Stimmen (z.B. von Minderheiten) im Online-Diskurs wegfallen und sich andererseits extreme Meinungen noch stärker entfalten, könnte das negative Auswirkungen auf den politischen Meinungsbildungsprozess haben. Die Autoren befürchten insbesondere für die Wahlen im Jahr 2024, dass kommende Wahlkämpfe von Hetzkampagnen sowie aggressiven, verletzenden und polarisierenden Tönen begleitet werden (vgl. Studie, S. 57). Das Kompetenznetzwerk fordert deswegen weitere Maßnahmen, um dieses Problem einzudämmen. Dazu gehören verbesserte Gesetze und Richtlinien zur Bekämpfung von Online-Hass, mehr Schutz für die Opfer, bundesweite Beratungsstellen und eine Stärkung der Medienkompetenz, um eine respektvolle und konstruktive Online-Kultur zu fördern.

Das NETTZ, Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur, HateAid und Neue deutsche Medienmacher/-innen als Teil des Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz (Hrsg.) (2024): Lauter Hass – leiser Rückzug. Wie Hass im Netz den demokratischen Diskurs bedroht. Ergebnisse einer repräsentativen Befragung. Berlin.

Link zur Studie: Lauter Hass – leiser Rückzug. (PDF)

HateAid: Hilfe bei Gewalt im Netz (Betroffenenberatung)

Junge Frau schaut lächelnd in die Kamera.

Wichtige Themen für den Unterricht: Demokratiebildung, Informationskompetenz und respektvoller Umgang im Netz. | fizkes via GettyImages Plus

Was können Lehrkräfte gegen Hass im Netz tun?

Um die Bedeutung des Themas Hass im Netz und seine Auswirkungen auf die Demokratiebildung zu verdeutlichen, bietet sich eine Einbindung in den schulischen Unterricht an. Lehrkräfte können Schülerinnen und Schüler dazu ermutigen, sich respektvoll und konstruktiv im Netz zu verhalten. Ein wichtiger Aspekt im Umgang mit Hass im Netz ist die Förderung von Medienkompetenz. Lehrkräfte können Schülerinnen und Schüler dabei unterstützen, kritisch mit Informationen aus dem Internet umzugehen und diese auf ihre Glaubwürdigkeit zu überprüfen. Das Erkennen von Fake News, die Bewertung von Quellen und die Förderung von digitaler Empathie sind Fähigkeiten, die im Unterricht vermittelt werden können.

 

BITTE WAS?! – Zeichen setzen gegen Hetze im Netz

Die Kampagne BITTE WAS?! des Landesmedienzentrums Baden-Württemberg setzt ein klares Zeichen gegen Hass, Fake und Hetze im Netz. Damit sollen Kinder und Jugendliche motiviert werden, sich aktiv für ein respektvolles gesellschaftliches Miteinander starkzumachen. Schüler/-innen lernen mit positiven Botschaften zu kontern. BITTE WAS?! bietet für Schulen Challenges, Workshops, Unterrichtsmaterialien und Fortbildungen für Lehrkräfte.

Zum Portal BITTE WAS?! Kontern gegen Fake und Hass

Schülerinnen mit Tablet im Unterricht

Mit den Selbstlernkursen des LMZ können Lehrkräfte kritisches Denken und Medienkompetenz von Schülerinnen und Schülern fördern. | hraun E+ via GettyImages

Ulrike Boscher

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