Navigation überspringen

Was ist Sharenting? – Eine Definition

Letzte Aktualisierung: 04.09.2024

Wir alle möchten Freunde und Verwandte am Familienalltag oder den Urlaubserbnissen teilhaben lassen und glückliche Momente teilen. Mit wenigen Klicks können über Story-Funktionen, Chat-Gruppen und Social-Media-Kanäle viele Personen gleichzeitig erreicht werden. Dabei ist es aber wichtig, auch die Perspektive der Kinder zu berücksichtigen und ihre Privatsphäre zu respektieren – auch sie haben ein Recht auf Privatsphäre!

Sharenting setzt sich aus den englischen Wörtern share (teilen) und parenting (erziehen) zusammen. Es bezeichnet das Teilen von Bildern und Videos der eigenen Kinder über Messenger oder in den sozialen Netzwerken.

Jetzt das Eltern-Medienmentoren-Programm kennenlernen

Drei Kinder im Grundschulalter liegen bäuchlings auf einer Luftmatratze am Strand. Ihre Gesichter sind durch Sonnenbrillen und Melonenschnitze vor dem Mund teilweise verdeckt.

Wo Urlaubsbilder von Kindern im Netz überall landen, ist ungewiss. Vorsicht ist besser als Nachsicht! | Foto: galitskaya – adobestock.com

Welche Risiken birgt Sharenting? – Die Perspektive der Kinder

Kinder haben schon früh ein Gefühl dafür, wann sie Fotos von sich machen lassen möchten und welche Bilder sie von sich teilen wollen. Oft finden Kinder Fotomotive, die aus Erwachsenensicht niedlich und unterhaltsam sein können, eher problematisch und peinlich.

Generell würden Kinder laut einer Studie der Universität Köln und des Deutschen Kinderhilfswerkes (Quelle: Studie: Kinder. Bilder. Rechte) deutlich weniger Bilder teilen als ihre Eltern. Dass die Kinder teils andere Vorstellungen über die Privatheit von Fotos haben, ist den Eltern oft nicht bewusst. Darum ist es wichtig, Kindern Raum für Mitbestimmung zu geben und Bedenken ernst zu nehmen. Die Familie sollte stets gemeinsam besprechen, ob ein Bild mit anderen geteilt werden soll und wenn ja, mit wem und mit wem nicht.

Selbst, wenn sie im Moment der Veröffentlichung noch zu jung sind, um sich zu äußern, können einmal geteilte Fotos später zum Problem werden. Denn Bilder und Aufnahmen aus dem Internet zu löschen, ist herausfordernd. Die Folgen sind schwer abzuschätzen und bergen einige Risiken:

Mobbing im aktuellen oder späteren Leben

Bilder können Auswirkungen auf den Schulalltag oder das spätere Arbeitsleben haben. Mitschüler/-innen oder Kolleginnen und Kollegen können die Fotos missbrauchen, um die abgebildeten Personen zu mobben.

Missbrauch für Werbung oder in sexualisierte Kontexten

Dritte können die Bilder herunterladen oder einen Screenshot davon erstellen, speichern und für ihre Zwecke missbrauchen. Eltern haben dann nicht mehr in der Hand, was mit den Aufnahmen im Netz geschieht und in welchen Kontexten sie weiterverwendet werden. Die Bilder können zum Beispiel für Werbung oder in sexualisierten Kontexten genutzt werden.

Zweckentfremdung für das Training neuer Technologien

Die Daten können dafür genutzt werden, neue Technologien wie Gesichtserkennungssoftware weiterzuentwickeln.

Mangelndes Verständnis für Persönlichkeitsrechte und Privatsphäre

Eltern sind immer Vorbild, auch im Umgang mit persönlichen Daten und der Privatsphäre von sich und anderen. Wenn Kinder vorgelebt bekommen, dass ihre privaten Fotos ungefragt weitergegeben werden dürfen, könnten sie künftig auch selbst die Persönlichkeitsrechte anderer Personen missachten, weil Ihnen der Wert nicht bekannt ist. Eltern verpassen in dem Fall eine wichtige Gelegenheit, ihren Kindern zu vermitteln, was Einverständnis und Privatsphäre bedeuten.

Spätestens ab dem Schulalter unterscheiden Kinder zwischen verschiedenen Graden von Öffentlichkeit. Das heißt, sie differenzieren auch zwischen Personenkreisen, mit denen sie Bilder teilen möchten oder eben nicht. Kinder müssen erfahren, dass ihre Grenzen geachtet werden. Eltern müssen den Kindern Vertrauen vermitteln, diese Grenzen einfordern zu können. Mitspracherecht bei der Veröffentlichung der eigenen Bilder ist wichtig!  

Ist sicheres Sharenting überhaupt möglich? – Tipps für Eltern

Daten im Internet zu veröffentlichen, birgt immer ein Risiko. Mithilfe der folgenden Tipps möchten wir Sie als Eltern dabei unterstützen, die Veröffentlichung von Fotos und Videos aus der eigenen Familie risikoärmer zu gestalten:

  • Beziehen Sie Ihre Kinder mit ein. Fragen Sie um Einverständnis und erklären Sie einfach und knapp, dem Alter angemessen, was mit dem Bild passieren wird und wer es alles sehen kann. Nehmen Sie die Meinung ihres Kindes ernst, auch wenn es noch jung ist! Es kann vielleicht noch nicht im Detail verstehen, was Privatheit und Öffentlichkeit sind, aber es nimmt wahr, dass seine Meinung wertgeschätzt wird. Wenn das Kind noch zu jung ist, um sich zu äußern, versuchen Sie sich in die Perspektive des Kindes hineinzudenken. Wenn ein solches Kinderbild von Ihnen selbst im Internet zugänglich wäre, wäre ihnen das peinlich oder unangenehm?
  • Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Privatsphäre-Einstellungen auf Social Media und in Ihren Messenger-Apps. Nach Updates können diese automatisch umgestellt sein.
  • Überlegen Sie genau, wie viele Informationen Sie teilen möchten. Ist es für die Bildaussage des Fotos zwingend notwendig, zum Beispiel das Gesicht Ihres Kindes zu zeigen? Bedenken Sie auch, welche Orte im Hintergrund zu sehen sind: der Kindergarten, die Schule oder sogar das Wohnhaus? Achten Sie zudem bei den Kommentierungen und Verlinkungen darauf, keine sensiblen Daten preiszugeben.
  • Denken Sie darüber nach, wer Ihre Zielgruppe ist und wie diese auch außerhalb von Social Media auf die Inhalte zugreifen kann. Müssen die Bilder über einen Messenger verschickt oder in den Storys geteilt werden? Oder gibt es alternative, datenschutzgerechte Cloud-Sharing-Tools?
  • Praxistipp:
    Es gibt auf das Teilen von Familienfotos spezialisierte Apps (z.B. Celebrate, Familiengetümmel), die alternativ zu gängigen Messenger-Diensten oder Social-Media-Plattformen genutzt werden können. Auch ein Online-Ordner zum Teilen von Dateien eignet sich. So können die Bilder mit bestimmten Menschen geteilt werden, die zur App oder zum Bilder-Ordner eingeladen wurden. Je nach Dienst können die eingeladenen Personen Bilder herunterladen, kommentieren oder weitere Interaktionsmöglichkeiten nutzen.

    Bitte klären Sie mit den Leseberechtigten im Vorfeld ab, dass diese die Fotos nicht ungefragt an Dritte weiterleiten. Bei der Nutzung von Online-Diensten und Apps zum Teilen von Familienfotos müssen zudem die Nutzungsbedingungen der Dienste beachtet werden. Bei Nutzung dieser Dienste werden teilweise Rechte an den Bildern abgegeben; deren Daten könnten auf Servern im Ausland gespeichert werden oder es fallen Nutzungsgebühren an.

Wie können Erinnerungen risikoarm festgehalten werden? – Ideen für die Praxis

Um möglichst risikoarm schöne Momente mit Freunden und Familie zu teilen, haben wir einige Ideen gesammelt, wie Sie Erinnerungen an den Familienalltag oder den gemeinsamen Urlaub kreativ festhalten können. Sie können Ihre Kinder spielerisch und dem Alter entsprechend in das Fotografieren einbeziehen. So lernen sie von klein auf einen bewussten und guten Umgang mit ihren Rechten in Bezug auf Bilder im Netz sowie einen kreativen Umgang mit Medien. Generell gilt: Weniger ist mehr!

Idee 1: Sticker platzieren

Die einfachste Möglichkeit, die Bilder von Kindern und damit deren Persönlichkeitsreichte zu schützen, sind Sticker. Mit ihnen können Bilder schnell und unkompliziert anonymisiert werden. Sie können meist direkt in der systemeigenen Bildbearbeitung von Smartphones über die Gesichter oder andere Bildstellen gelegt werden, die nicht gezeigt werden sollen. Alternativ können die Bilder in der jeweiligen Messenger-App vor dem Versenden mit den Stickern versehen werden. Auch ausgedruckte Smileys, die sich die Kinder selbst vor das Gesicht halten, sind eine schöne kreative Idee. Dabei nehmen die Kinder die Zensur selbst vor. So beschäftigen sie sich auch selbst nochmal mit dem Thema Datenschutz und Zensur. 

Drei Kinder in gelben Oberteilen liegen auf einer grünen Wiese und halten Emojis aus Pappkarton vor ihre Gesichter.

Foto: Maryna – adobestock.com

Idee 2: Blickwinkel ändern

Auch mit fotografischen Mitteln können Personen auf Bildern unkenntlich gemacht werden. Fotografieren Sie Ihr Kind beispielsweise von hinten oder so, dass ein Element im Vordergrund das Gesicht oder Teile des Körpers verdecken.

Auf der linken Hälfte des Fotos ist eine Mutter mit ihrem in die Kamera schauenden Baby zu sehen: Darauf prangt ein rotes X. Auf der rechten Bildhälfte ist dieselbe Mutter mit ihrem nur vom Hinterkopf zu sehenden Baby abgebildet: Darüber prangt ein grüner Haken.

Foto: Halfpoint – adobestock.com

Idee 3: Bildausschnitt bewusst wählen

Um zu zeigen, was Sie mit Ihren Kindern erleben, ist es meist nicht nötig, deren Gesichter zu zeigen. Wählen Sie die Bildausschnitte so, dass die Gesichter nicht sichtbar sind. Sie können die Fotos gleich so fotografieren, dass die Gesichter nicht im Bild sind. Oder sie können auch im Nachhinein Bilder so zuschneiden, dass die Gesichter nicht mehr im Bild sind.

Machen Sie beispielsweise eine Fotoserie, bei welcher Sie Ihrem Kind über die Schulter fotografieren und dabei immer die Hände des Kindes im Fokus stehen. So stellen Sie das in den Fokus, was das Kind erlebt, ohne dabei das Gesicht zu zeigen.

Zwei Kinderhände liegen mit dem Handteller nach oben im Sand und sind mit diesem bedeckt..

Foto: phadungsakphoto – adobestock.com

Idee 4: Farb-, Form- und Themencollagen zusammenstellen

Eine kreative Variante, Erinnerungen festzuhalten, sind Farb-, Form- und Themencollagen aus Fotos. Bei den Farb- und Formcollagen werden verschiedene Fotos gemacht, die als Hauptmotiv je eine Sache zeigen, die dieselbe Farbe oder Form haben. Die Fotos werden dann zu einer Collage zusammengestellt. Bei der Themencollage werden Fotos zu einem Thema gemacht und zusammengestellt.

Hierbei können Sie Ihre Kinder auch sehr gut mit einbeziehen und selbst mit Kamera oder Smartphone passende Bilder schießen lassen. So können Kinder auch aus ihrer Sicht zeigen, was für sie z.B. den Strandtag ausmacht.

Junge Kinder entwickeln so auch ein Verständnis für Farben und Formen, gehen auf die Suche nach ihnen und haben eine kleine Kreativaufgabe im Alltag. Sie sind dann natürlich stolz, wenn die Collage, an der sie mitgewirkt haben, den Verwandten oder Freunden gesendet wird.

App-Tipp: Mit der App Canva können Bilder zu Collagen zusammengestellt werden. Entweder können fertige Vorlagen genutzt odereigene Zusammenstellungen mit individuellen Bildgrößen erstellt werden.

Die Fotocollage zeigt insgesamt sieben Fotos. Abgebildet sind ein Krebs am Strand, ein hölzerner Gehweg durch eine Dünenlandschaft, eine Düne, ein Herz gemalt im Sandstrand, ein Leuchtturm, Segelboote im Hafen und Schilf am Meer.

Foto: Kaiya_Rose – adobestock.com

Idee 5: Geschichten als Fotostory erzählen

Erzählen Sie Ihre Urlaubsgeschichten als Fotostory. Mit der App Book Creator, Canva oder Power Point können diese einfach erstellt werden. Auch hier können Sie Ihre Kinder beim Erstellen der Fotogeschichten einbinden.

Damit Ihre Kinder und andere Familienmitglieder nicht auf den Bildern identifizierbar sind, können Sie die Geschichte beispielsweise aus Sicht des Lieblingsplüschtiers oder eines anderen Gegenstandes, wie einer Sonnenbrille oder eines Fahrrads, erzählen. Der Gegenstand der Wahl taucht auf jedem Einzelbild auf und führt so durch die Geschichte.

Das in vier Bildhälften geteilte Foto zeigt links oben einen Tedybären in einem Zelt sitzend in einer Berglandschaft. Das Foto rechts oben zeigt einen Teddy mit Wanderrucksack in den Bergen. Das Foto links unten zeigt einen Teddy auf einer Blumenwiese vor einer spektakulären Berglandschaft. Das Foto rechts unten zeigt einen Teddybären auf einem Berggipfel sitzend.

Foto: andreusK – adobestock.com

Idee 6: Schattenspiele fotografieren

Anstatt Personen zu fotografieren, können die Schatten an den besuchten Gebäuden und Orten ein interessantes Fotomotiv sein. Schön inszeniert zeigen Sie die Personen, die Situationen und Orte, ohne zu viel Persönliches preiszugeben.

Das Foto zeigt die Schatten einer vierköpfigen Familie am Strand.

Foto: iPortret – adobestock.com

(K)ein anderer Praxistipp: Familienmitglieder und Freunde zur Fotopräsentation einladen

Sie können es auch mal auf die ganz „altmodische“, aber datensparsame Weise versuchen: Sie versenden keine, oder nur wenige Fotos, vereinbaren aber einen gemeinsamen Termin mit Familie oder Freunden nach dem Urlaub. Hier zeigen Sie dann eine kleine Fotopräsentation und berichten persönlich von ihren Erlebnissen. Das funktioniert auch wunderbar in Kombination mit den vorangegangenen Ideen und Tipps.

Die Tipps zeigen: Private Fotos können bedenkenlos geteilt werden, wenn beim Fotografieren und Teilen entsprechende Regeln beachtet werden. Es kann sogar Spaß machen und eine kreative Familienaufgabe sein, Fotos speziell fürs Teilen im Internet aufzunehmen. Haben Sie Spaß und probieren Sie sich gemeinsam aus.

Wir wünschen eine schöne Ferienzeit und viele schöne Fotomomente!

Das Foto zeigt eine Collage von rund 20 Urlaubsfotos am Strand und Meer.

Foto: cppzone – adobestock.com

Können sich Eltern durch Sharenting strafbar machen? – Ein Exkurs

Kinder haben Rechte, auch bezüglich der von ihnen gemachten Fotos und Videos:

Das Recht am eigenen Bild

Dazu zählen das Recht am eigenen Bild, das im Kunsturhebergesetz (§22 KunstUrhG) geregelt ist. Demnach dürfen „Bildnisse“ nur dann veröffentlicht und verbreitet werden, wenn die oder der Abgebildete zugestimmt haben.

Das Recht auf Privatsphäre

Kinder haben zudem ein Recht auf Privatsphäre (Art. 16 UN-Kinderrechtskonvention) Gerade das eigene Zuhause ist ein besonders geschützter Bereich, in dem sich Menschen –  insbesondere Kinder – frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entwickeln sollen.

Hochproblematisch ist die Veröffentlichung von Fotos von nackten Kindern, insbesondere wenn deren Geschlechtsteile zu sehen sind. Das Baby in der Wanne oder das Kleinkind am Strand sind für die Eltern süß – die Bilder können durch Dritte aber auch anders gelesen und missbraucht werden.

Erziehungsberechtigte vertreten die Rechte ihrer Kinder

Da Kinder, je nach Alter, nicht oder nur eingeschränkt geschäftsfähig sind, vertreten die Erziehungsberechtigten ihre Kinder bei der Erteilung deren Einwilligung zur Veröffentlichung. Hierbei sollte das Kind – unter Berücksichtigung seines Entwicklungsstandes – unbedingt einbezogen werden. Ab 14 Jahren bedarf eine Veröffentlichung grundsätzlich auch der Zustimmung des abgebildeten Kindes.

Kinder können auf Schadenersatz klagen

Verstoßen Eltern gegen die Persönlichkeitsrechte ihrer Kinder, können sie sich strafbar machen. Spätestens wenn die Kinder geschäftsfähig werden, können sie ihre Einwilligung widerrufen und im Ernstfall sogar auf Schadenersatz klagen.

Durch die kommerzielle Veröffentlichung von Fotos der eigenen Kinder kann es zu einem Interessenkonflikt kommen. Das Interesse an kommerziellem Gewinn steht dabei im Konflikt mit der Pflicht der Eltern, für die Rechte der Kinder einzustehen. Die Einwilligung der Eltern kann in diesem Fall unwirksam oder rechtswidrig sein.

Medienpädagogische Beratungsstelle am LMZ

Unsere Beratungsstelle hat ein Ohr für Sie!
Bei individuellen Fragestellungen und Problemen rund um die digitale Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen hilft die Medienpädagogische Beratungsstelle des Landesmedienzentrums Baden-Württemberg weiter:

Montag bis Donnerstag: 8:30 bis 16:00 Uhr
Freitag: 8:30 bis 13:00 Uhr
Telefon: 0711 4909-6321
E-Mail: Beratungsstelle@lmz-bw.de

Personen der Medienpädagogischen Beratungsstelle

Rufen Sie uns an! | Foto: Christian Reinhold/LMZ

Veranstaltungen zum Thema

Sie arbeiten an einer Einrichtung mit Eltern und wünschen sich einen Eltern-Kind-Workshop zum Thema? Melden Sie sich für das Eltern-Medienmentoren-Programm an.

Weitere Informationen zum Programm

Anfrage senden

Andrea Zeisberg & Angela Reeh

E-Mail senden

Diese Seite teilen: